Sind sich in der Frage der U-Ausschuss-Verlängerung nicht einig: SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer und sein pinkes Pendant Stephanie Krisper.

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Aus drei wurden plötzlich zwei: Vergangene Woche haben die Neos bekanntgegeben, dass sie einer Fortsetzung des laufenden ÖVP-Korruptionsausschusses nicht zustimmen werden. Begründet wird das damit, dass man bereits genug Beispiele für "Selbstbedienung" gefunden habe und nun "gesetzliche Schlupflöcher schließen" wolle.

Das Echo auf diese Entscheidung sei "positiv", erklären die Neos auf Anfrage. Die anderen Oppositionsparteien können damit nicht gemeint sein: SPÖ und FPÖ reagierten verwundert bis verärgert, dass der U-Ausschuss somit am 7. Dezember zusammentreten wird. Das ist fix, weil für eine Verlängerung die Stimmen aller drei Oppositionsparteien nötig sind – sie hatten ihn ja auch gemeinsam eingesetzt.

"Ich verstehe nicht, was sich die Neos dabei überlegt haben", sagt SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer dazu. Auch die FPÖ hält "nix davon", den U-Ausschuss zu beenden, denn es seien noch "jede Menge Fragen offen". Naturgemäß erfreut ist die ÖVP, die meint, dass es der Opposition nicht gelungen sei, "die pauschalen Unterstellungen mit Substanz zu füllen". Die Grünen geben sich durchaus zufrieden, immerhin könne man "einzelne Kapitel abschließen".

Aufklärungsgrüße nach Moskau

Nina Tomaselli, grüne Fraktionsführerin, hat aber neue Themen ausgemacht, deren Aufklärung sie als lohnenswert empfindet: "Wir würden einen Russland-U-Ausschuss sehr begrüßen, um die politische Verantwortung für die derzeitige Energiemisere klären zu können." Auch die Neos sehen in dem Konnex "viel aufzuklären", da seien über die letzten Jahrzehnte alle Parteien verstrickt. Doch genau das mache es "fraglich, ob ÖVP, SPÖ und FPÖ wirklich Interesse an umfassender Aufklärung hätten", sagen die Neos zum STANDARD.

Für die SPÖ wäre das durchaus "untersuchenswert", die FPÖ will sich auf den aktuellen U-Ausschuss konzentrieren – und die Kanzlerpartei bringt zwei ganz andere Themen aufs Tapet: erstens die Ereignisse rund um die Wien Energie, zweitens die "Verfahrensdauer bei strafrechtlichen Ermittlungsverfahren".

ÖVP will "Gesamtreform"

Allerdings plädiert sie auch für eine "Gesamtreform" des U-Ausschusses. "Dabei geht es um die Öffentlichkeit von Sitzungen, den Untersuchungszeitraum, die Rolle von Verfahrensrichter und Verfahrensanwalt, die Verhinderung der Aktenleaks und den Schutz von Persönlichkeitsrechten", heißt es vonseiten der türkisen Fraktion. Nationalratspräsident und U-Ausschuss-Vorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat zudem in der "Kleinen Zeitung" angeregt, dass Abgeordnete künftig ihre Fragen schriftlich stellen müssen.

Aus Sicht der Neos ist "der wichtigste Schlüssel die Öffentlichkeit", dort plädiert man eindeutig für TV-Übertragungen der U-Ausschüsse. Das unterstützt auch die SPÖ. Sie meint, dass öffentliche Übertragungen das "Zeitschinden", das die ÖVP derzeit zum Exzess betreibe, verhindern würden. Und wenn das nichts helfe, könne man sich etwas vom Fußball abschauen, nämlich eine Nachspielzeit.

Nicht mehr auftauchen wird im laufenden U-Ausschuss wohl Thomas Schmid, der sich seit Monaten seiner Befragung entzieht. Da müssen sich die Abgeordneten weiterhin mit seinen tausenden und abertausenden Chats zufriedengeben, die von der Justiz immer noch mehr oder weniger regelmäßig an den U-Ausschuss geliefert werden. Immer wieder geht es darin um das Thema Postenvergabe, also das vierte Beweisthema des Ausschusses.

Gemäß Kommunikation zwischen dem einstigen Generalsekretär im Finanzministerium und der PR-Beraterin Gabriela Spiegelfeld ging es um so gut wie alle Aufsichtsräte im öffentlichen Bereich – zum Beispiel die Bundesforste, Öbag oder Bundesimmobiliengesellschaft (BIG). Dass es auch um die Spitzenposten in der Oesterreichischen Nationalbank ging, muss fast nicht mehr erwähnt werden. Da hätte die ÖVP gerne Thomas Uher gesehen, einst Erste-Bank-Chef und jetzt Vorstandsvorsitzender der Volksbank Wien, oder Stephan Koren.

Andere "gehören weg!!!!!!!!", riet Spiegelfeld, etwa die langjährige ÖVP-Politikerin Christine Marek aus dem Aufsichtsrat der BIG – sie blieb allerdings bis heuer. Ein anderer Tipp der PR-Beraterin: "Bitte Karmasin wirklich ausbuchen. Bringt nix!!! Auch inhaltlich nicht. Auch wenn Jim meint, man muss die ‘Alten’ versorgen."

Vom Engagement und Netzwerk der Beraterin war Schmid fasziniert, der im Juni 2018 schwärmte: "wie genial du in dieser Republik derzeit die Puppen tanzen lässt ". Wobei Schmid auch einsah, dass selbst seinem Wirken Grenzen gesetzt waren: Mit dem damaligen OMV-Aufsichtsratschef Wolfgang Berndt, von dem Spiegelfeld kein großer Fan war, müsse er sich "arrangieren", schrieb er. Dass der laut Spiegelfeld die Gage von OMV-Chef Rainer Seele "um Unsummen erhöhen" wolle, gehe aber gar nicht. Das könnte aber Thema werden, sollte es dereinst einen U-Ausschuss zum Thema Russland geben. (Renate Graber, Fabian Schmid, 14.10.2022)